Bud-Spencer-Tour 2016
Zu Ehren unseres Jugendidols Bud Spencer beschlossen wir, unsere alten Knochen wieder einmal auf eine etwas größere Vespa-Tour zu schicken. 2015 waren wir zwar mit der „Old-Iron-Tour“ bei Freunden in Zadar, aber seit der „Black-Ocean-Tour“ im Jahr 2014 sind wir nicht mehr wirklich großartig auf Tour gegangen. Leider mussten wir schon bei der Mobilisierung der alten Truppe auf einen Mann verzichten. So kam es, dass wir einen neuen sechsten Mann in unsere Runde aufnahmen.
Während den Reisevorbereitungen achteten wir natürlich wieder genau darauf, jedes Ersatzteil dabei zuhaben. Da wir sechs uns für unterschiedliche Motorsetups (Polini Alu, Malossi MHR, Malossi Sport und Quattrini 244) entschieden haben, kam jede Menge Material zusammen. Dazu kamen allgemeine Verschleiß- bzw. Tauschteile wie Auspuff, Kupplungen, Zündungen, Getriebe, Motorblöcke, Zylinder, Kurbelwellen und vieles mehr. Zusätzlich noch die notwendigen Werkzeuge, um während der Reise jegliches technisches Problem lösen zu können. Verstaut wurde alles auf unseren Gepäckträgern der Marke „Eigenbau“ und unter den Tanks der Fahrzeuge.
Die Reise selbst war von der Planung her relativ einfach. Unsere Idee war, den italienischen Stiefel einmal der Länge nach abzufahren, per Schiff nach Dubrovnik überzusetzen um auf der kroatischen Küstenstraße wieder Richtung Heimat zu fahren. Die Fähre von Bari nach Dubrovnik buchten wir im Voraus, so konnten wir unterwegs nicht auf die Idee kommen, irgendwo abzukürzen. Insgesamt planten wir zehn Tage für die 2500 km ein, davon wollten wir mindestens zwei Tage Pause machen.
TAG 1 – Nix wie weg!
Es geht um sechs Uhr morgens los! Den gesamten ersten Tag verbringen wir auf der Autobahn. Unser Ziel ist Bologna und liegt 700 Kilometer vor uns. Unterwegs gibt es immer wieder kleinere Schraubereien an unseren Vespas zu erledigen. Starker Regen bremst uns dann bei Nova Gorica etwas ein. Da der Benzindurst unserer dicken Motoren „ein wenig“ über dem Normverbrauch einer Serien-PX 200 liegt, kommen auch immer wieder unsere Reservekanister zum Einsatz. Am Abend erreichen wir unser heutiges Etappenziel, fahren aber noch ein Stück raus aus Bologna, den Apennin hinauf und fallen in unserem Quartier müde in die Betten.
TAG 2 – Durch die Toskana
Schon früh am Morgen wird gewissenhaft unser Gepäck verstaut, es werden Kupplungsseile nachgespannt und es werden Werkzeug und Ersatzteile geordnet. Im Gegensatz zum ersten Tag fahren wir ab jetzt nur mehr auf Bundes- und Nebenstraßen. Über die Berge kommen wir so richtig in Fahrt. Es macht eine Menge Spaß, unsere schwerbeladenen Vespas flott durch die vielen, engen Kurven zu bringen.
In Florenz überqueren wir auf dem Kopfsteinpflaster der Ponte Santa Trinita den Arno und haben einen feinen Blick auf die Ponte Vecchio. Weiter geht es in Richtung Siena, wo wir dank der Siesta nachmittags nur mit Müh und Not etwas zu Essen bekommen. Eine Stadtbesichtigung würde uns hier schon sehr reizen, wir wollen heute aber noch mindestens 150 Kilometer Richtung Rom schaffen. Leichte Vergaserprobleme bei ein, zwei Vespas zwingen uns zu einigen außerplanmäßigen Zwischenstopps. Spät am Abend erreichen wir schließlich Viterbo in Mittelitalien. Es ist Freitag und deswegen sehr viel los in der Stadt. Ausgehungert und sehr durstig sitzen wir in einer Bar und suchen uns eine Unterkunft für diese Nacht.
TAG 3 – Ciao Roma! Ciao Napoli!
Heute wollen wir Neapel, die Geburtsstadt unseres Tour Namenpatrons Bud Spencer, erreichen. Unser Zielort ist das südlich von Neapel gelegene Städtchen Meta auf der Halbinsel Sorrento: 380 Kilometer und einen ganzen Tag Zeit dafür – was will man mehr!
Rom umfahren wir großzügig, machen Halt für einen „caffé“ am Lago Albano, essen in der Nähe vom Rocca di Papa, befahren eine traumhafte 35 Kilometer lange schnurgerade Allee und legen immer wieder entspannende Pausen ein. Nun gibt es kaum noch technische Probleme und so geht es heute auch gut voran.
Durch die Stadt Neapel zu fahren geht sich heute zeitlich nicht mehr aus, um dem allabendlichen Verkehrsinfarkt in der größten süditalienischen Stadt zu entgehen, weichen wir für ein kurzes Stück auf die Autobahn aus. Die Sonne steht schon tief und nimmt uns die Sicht in unseren Rückspiegeln. Östlich von uns ragt über dem Smog der Stadt der Vesuv auf. Die Italiener haben es heute recht eilig und so rast das eine oder andere Auto gefährlich nahe an uns vorbei. Wir bleiben eng zusammen und sind heilfroh als wir die Halbinsel Sorrento erreichen und die stark befahrene Autobahn wieder verlassen können. Jetzt liegen nur noch zwei Ortschaften vor uns. In den engen Gassen steht der Verkehr, nur noch Zweiräder und Fußgänger kommen noch einigermaßen voran. Egal – da müssen wir durch!
Bei Einbruch der Nacht erreichen wir noch rechtzeitig unsere Unterkunft und lassen uns in einer kleinen Pizzeria das italienische Nationalgericht schmecken. Da wir am nächsten Tag nur die 30 Kilometer lange Amalfi-Küste befahren wollen, genießen wir die laue Nacht und dehnen die „Nachbesprechung“ etwas aus.
TAG 4 – Amalfi – Kurven ohne Ende
Morgens halb zehn in Italien: Die Sonne lacht vom Himmel und um die Ecke erwartet uns die wahrscheinlich schönste Küstenstraße Italiens, die Amalfiküste! Wir nehmen uns dafür den ganzen Tag Zeit, entsprechend groß ist unsere Vorfreude.
Wir kurven an der Küste entlang, bleiben immer wieder bei den Aussichtspunkten stehen und machen Fotos. Wie geplant, fahren wir an die „Marina di Praia“ und verbringen den halben Tag an diesem, von steilen Felsen umgebenen Strand. Unsere Vespas werden vom Parkplatzchef auf engstem Raum eingeparkt, kein Zentimeter Stellfläche wird verschwendet – praktisch Vespa-Tetris für Fortgeschrittene. Es ist ein perfekter Tag – die Sonne scheint, es ist heiß und wir schwimmen im kristallblauem Wasser. Gegen Abend starten wir unsere vom Schrägparken abgesoffenen Vespas. Begleitet von dicken Wolken blauen Zweitaktrauchs lassen wir die Bucht hinter uns und fahren steil hinauf, zurück auf die Küstenstraße.
Nach wenigen Kilometern erreichen wir bereits Salerno und checken an der Strandpromenade in ein Vier-Sterne-Hotel ein. Heute Abend machen wir uns schick. Wir ziehen unsere Tour-Polos an und bei einer kleinen Zeremonie am Strand bekommt jeder seinen Touraufkleber. Danach wird gefeiert! Mit jeder Menge italienischer Köstlichkeiten und viel Vino wird es ein langer und lustiger Abend.
TAG 5 – Über die Berge nach Matera
Nur 200 Kilometer bis Matera, unserem nächsten Ziel. Das Navi wird auf den Modus „Kurvenreiche Straßen“ umgestellt und schon sind es 280 Kilometer, die uns das Gerät vorschlägt. Das schmeckt uns schon eher! Der Weg führt uns durch den Regionalpark Monti Picentini. In einer kleinen Ortschaft gönnen wir uns einen Kaffee, unsere vollbepackten Vespas ziehen alle Blicke auf sich – Alt und Jung kommen, um unsere Blechroller zu bestaunen. Die Pause nutzen wir auch, um wieder einmal den einen oder anderen Vergaser umzudüsen.
Danach geht es auf schmalen kurvenreichen Straßen weiter. Hier passiert uns dann auch ein kleines Missgeschick. Auf dieser kaum befahrenen Strecke touchiert einer von uns in einer engen Linkskurve ein Auto. Zum Glück kommt der Fahrer nicht zu Sturz, auch die Vespa hat bis auf ein paar Schrammen nichts abbekommen. Das einzige Problem ist der kleine Blechschaden, der am Auto entstanden ist. Leider können wir uns mit dem Fahrer nur mit Händen und Füßen verständigen, er spricht nur italienisch. Nach einiger Zeit treffen die Carabinieri ein. Die Hoffnung, dass wenigstens einer der beiden Sheriffs englisch oder deutsch spricht ist auch bald verflogen – so kommen wir mit den Verhandlungen nicht weiter. Jetzt müssen wir auf unseren Telefonjoker zurückgreifen. Ein lieber Freund bot uns vor der Reise seine Dienste als Dolmetscher an. Dank unseres Übersetzers können wir uns dann rasch mit unserem Unfallgegner finanziell einigen und verabschieden uns so schnell wie möglich. Die zwei Stunden Zeitverlust spielen heute aber keine große Rolle. Wir fahren weiter wie geplant und erreichen am späten Nachmittag Matera in der süditalienischen Region Basilikata. Die einzigartige und sehenswerte Altstadt Materas mit ihren Höhlenwohnungen und Felsenkirchen gehört mittlerweile zum Unesco-Weltkulturerbe. Matera ist dem „typischen“ Italien-Urlauber weitestgehend unbekannt – so begegnen wir momentan noch recht wenigen Touristen in der „Europäischen Kulturhauptstadt 2019“.
Staunend sitzen wir in einem Café und versuchen, uns die Eindrücke einzuprägen. Der helle Tuffstein aus dem die Stadt gebaut ist leuchtet in der Abendsonne. Wir checken in einem uns bekannten Hotel ein und schlendern durch die Altstadt. Nach einem ausgiebigen Spaziergang finden wir bald ein Restaurant wo wir uns kulinarisch verwöhnen lassen.
TAG 6 – Arrivederci Italia!
Die Fähre, die uns nach Kroatien bringt, legt erst spätabends ab, von Bari trennen uns lediglich 60 Kilometer. So verbringen wir in Matera gemütlich den Tag, lassen die tolle Atmosphäre dieser Stadt auf uns wirken und kaufen das eine oder andere Mitbringsel. Erst am Nachmittag fahren wir los und kommen mit ausreichend Zeitreserve am Hafen von Bari an. An einem Würstlstand füllen wir noch unsere Fettreserven auf und schon gehts rauf aufs Schiff. Unsere Kabinen sind sehr ordentlich und geräumig. Beim Ablegen der Fähre werfen wir noch einen kurzen Blick zurück nach Italien, morgen werden wir schon in Kroatien sein. Deswegen stellen wir an der Schiffsbar auch von Birra Moretti auf Karlovačko um.
TAG 7 – Dobro jutro Dubrovnik!
Vom schlechten Wetter, das wir auf der unruhigen Überfahrt hatten, ist am nächsten Morgen in Dubrovnik nichts mehr zu sehen. Sonnig und heiß präsentiert sich die kroatische Hafenstadt. In der Hoffnung, dass sich der Motor danach besser abstimmen lässt, wird an einer Tankstelle noch schnell ein zickiger Vergaser getauscht. Währenddessen tauschen wir auch gleich die Vorder- mit den Hinterreifen an unseren Vespas.
Wir fahren über die Franjo-Tudjmann-Hängebrücke raus auf die Küstenstraße. Wir wollen nicht über Bosnien fahren, deswegen halten wir uns westlich in Richtung Korcula. In Žuljana gehen wir essen und beschließen kurzerhand, hier den restlichen Tag zu verbringen. Wir gehen an den Strand und genießen die Ruhe.
TAG 8 – 300 Kilometer feinster Asphalt
Wir fahren mit der Fähre zurück aufs kroatische Festland und bleiben dann den restlichen Tag auf der Küstenstraße. Den heutigen Tag werden wir wohl auf unseren Vespas verbringen, immerhin sind es 300 Kilometer bis nach Bibinje bei Zadar. Unterwegs bricht uns dann tatsächlich ein Auspuff weg, die „eiserne Reserve“ muss herhalten und wird auch gleich montiert. Trotz der Anstrengung und der brütenden Hitze ist es ein toller Tag. Links von uns glitzert das blaue Meer und vor uns liegen hunderte Kilometer tolle Straßen. Erst bei Dunkelheit erreichen wir Bibinje, wo wir von unseren Freunden bereits erwartet werden. Es wird für uns gegrillt und wir erzählen von unseren Reiseabenteuern.
TAG 9 – Alle Mann an Bord!
Am nächsten Morgen können wir endlich wieder richtig ausschlafen, erst gegen Mittag fahren wir zum Schwimmen mit dem Motorboot raus zur Insel Pašman. Der Tag vergeht wie im Flug und am Abend wird nochmal gefeiert. In der Nacht frischt der Wind deutlich auf und Wetterleuchten über den Bergen kündigt für den nächsten Tag schlechtes Wetter an.
TAG 10 – Ab in die Heimat!
Heute ist unser letzter Tag und es liegen rund 460 Kilometer vor uns. Über den Bergen hängen dicke Wolken und an der Küste weht sehr starker Wind (die gefürchtete Bora). Das Schlaueste wäre, heute im Quartier zu bleiben und auf besseres Wetter zu warten. Wir versuchen aber unser Glück und fahren nach Karlobag. Dort wollen wir entscheiden wie es weitergeht. Wir fahren sehr vorsichtig der Küste entlang, mal mit Rückenwind, dann mit Seitenwind und dann wieder mit Gegenwind. Es ist schwierig überhaupt die Spur zu halten. Beim starken Gegenwind verlieren unsere Vorderreifen teilweise den Bodenkontakt.
In Karlobag treffen wir dann die Entscheidung, die gefährliche Küstenstraße zu verlassen und weiter über das Velebit-Gebirge zu fahren. „Besser kalt und nass als dieser böige Wind“, lautet die Devise.
Wir haben Glück und können den Regen umfahren und zu Mittag in einem Restaurant auch aussitzen. Weiter geht es über Plitvice nach Karlovac und bei Samobor reisen wir auf der Bundesstraße nach Slowenien ein. Eine Reifenpanne und ein gerissenes Gasseil kurz vor Marburg geben diesem Tag noch das notwendige Extra. Gegen zehn Uhr abends erreichen wir nach 2500 Kilometer wieder gesund und glücklich unser Zuhause.
Alles in allem war die „Bud Spencer Tour“ für uns keine extra lange Tour, aber eine sehr feine. Kulinarisch und landschaftlich eine Traum. Kleinere Schraubereien rundeten unsere Tour ab und so wurde es wie erhofft, ein „All-inclusive-Vespa-Abenteuer“ mit echt guten Jungs!
Vespareise mit Robert, Thomas, Richard, Christian, Andreas und Wolfgang